Deutscher Weiterbildungsatlas 2018: Unverändert große regionale Unterschiede (1/4)

Die wichtigste Erkenntnis des diesjährigen Deutschen Weiterbildungsatlas: Auch im Auswertungszeitraum 2014 bis 2015 gibt es erhebliche regionale Unterschiede in der Weiterbildungsbeteiligung und im Angebotsumfang. Damit bestätigen sich die Befunde aus den Vorjahren. Erstmals lassen sich im Weiterbildungsatlas auch mehrjährige Entwicklungen auf Kreisebene nachzeichnen. Dabei wird deutlich, dass kommunale Weiterbildungsbeteiligung nicht unveränderlich ist und sich Kreise und kreisfreie Städte auch kurzzeitig positiv oder negativ entwickeln können.

Der Deutsche Weiterbildungsatlas wird heute in der dritten Ausgabe veröffentlicht! Er illustriert erneut die Weiterbildungssituation in Deutschland, den Bundesländern und den 401 deutschen Kreisen und Kreisfreien Städten. Die Ergebnisse zeigen: Nach erneutem Rückgang der bundesweiten Weiterbildungsbeteiligung von 12,6 Prozent (in 2012) auf 12,0 Prozent (in 2014) ist die Teilnahmequote 2015 auf 12,2 Prozent leicht angestiegen. Die Weiterbildungsbeteiligung in Deutschland ist immer noch sehr heterogen: Auf Bundeslandebene variiert sie zwischen 7,8 und 15,3 Prozent. Spitzenreiter ist hier (wie auch schon in den Vorjahren) Baden-Württemberg. Noch deutlicher sind die Unterschiede auf kommunaler Ebene: Die Spannweite der Weiterbildungsbeteiligung reicht dort von geringen 2,3 Prozent in der Grafschaft Bentheim bis zu weit überdurchschnittlichen 22,7 Prozent in Landsberg am Lech.

Neben der Gesamtbevölkerung ab 25 Jahren nimmt die aktuelle Ausgabe auch die Gruppe der Geringqualifizierten sowie von Armut bedrohte Menschen in den Blick. Hierbei zeigt sich deutlich, dass Weiterbildung auch über gesellschaftliche Gruppen hinweg ungleich verteilt ist: Nur 7,7 Prozent der von Armut bedrohten Bevölkerung nimmt an Weiterbildung teil – und die Gruppe der Geringqualifizierten liegt mit einer Beteiligungsquote von 5,6 Prozent noch darunter. Beide Gruppen unterschreiten also deutlich den ohnehin schon niedrigen Durchschnitt der Gesamtbevölkerung von 12,2 Prozent.

Länder und Kommunen nutzen ihre Potenziale unterschiedlich

Weiterbildungsbeteiligung ist regional sehr ungleich verteilt. Auch strukturelle Faktoren wie die soziale und ökonomische Lage der Bevölkerung, die Wirtschaftskraft oder die ländliche bzw. städtische Siedlungsstruktur unterscheiden sich regional erheblich und beeinflussen damit das Weiterbildungsverhalten in Bundesländern und Kommunen.

Diese strukturellen Gegebenheiten berücksichtigt der Deutsche Weiterbildungsatlas in Form der sogenannten Potenzialausschöpfung. Sie gibt an, welche Teilnahmequote auf Basis der örtlichen Sozial-, Wirtschafts- und Infrastruktur für eine Region theoretisch zu erwarten wäre. Berücksichtigt man all diese Faktoren, ist beispielsweise für die Städte Heidelberg und Emden eine unterschiedliche Weiterbildungsquote zu erwarten: Mit einer jüngeren Altersstruktur in Heidelberg, geringen Fahrzeiten zum Oberzentrum sowie einer relativ starken Bruttowertschöpfung ist hier statistisch mit einer stärkeren Beteiligung zu rechnen als in Emden, wo der Altersdurchschnitt etwas höher ist, die Fahrzeiten länger sind und die Wirtschaftskraft geringer ausfällt.

Die einzelnen Regionen werden also an ihrem eigenen Potenzial gemessen und sind damit trotz unterschiedlicher struktureller Voraussetzungen vergleichbar. Wenn die Teilnahmequote vor Ort der statistischen Erwartung entspricht, beträgt die Potenzialausschöpfung 100 Prozent. Die Potenzialausschöpfung liegt unter 100 Prozent, wenn die Region hinter den Erwartungen zurückbleibt, beziehungsweise über 100 Prozent, wenn die statistischen Erwartungen übertroffen werden.

Hier zeigt sich: Viele Länder und Kommunen weichen – positiv oder negativ – von der für sie zu erwartenden Weiterbildungsbeteiligung ab. Bundesländer wie Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz übertreffen die Erwartungen deutlich (119,7 bzw. 117,3 Prozent). Hingegen bleiben das Saarland (75,4 Prozent), Berlin (77,4 Prozent), Hamburg (80,8 Prozent) und Brandenburg (86,8 Prozent) deutlich hinter ihren Möglichkeiten zurück. Auch bei der Potenzialausschöpfung ist die Spannweite auf kommunaler Ebene erheblich größer als auf Landesebene: Während einige Kommunen die statistische Erwartung um über 50 Prozent übertreffen, bleiben andere um über 50 Prozent hinter ihrem Potenzial zurück. „Wenn man in Rechnung stellt, was mit der jeweiligen Bevölkerung und Wirtschaftskraft möglich wäre, zeigt sich der ungenutzte Handlungsspielraum“, kommentiert Prof. Dr. Josef Schrader, Wissenschaftlicher Direktor des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung die Ergebnisse der Potenzialanalyse.

Eine weitere Einschätzung von Prof. Schrader zu den Ergebnissen und dazu wie dieser Handlungsspielraum genutzt werden sollte, erhalten Sie im nächsten Blogbeitrag zum Deutschen Weiterbildungsatlas!

Alle Daten und Fakten können Sie unter https://kreise.deutscher-weiterbildungsatlas.de/ abrufen!

Hier der Link zur Publikation:

https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/5970/

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