Vom Heben der Schätze – Die KomBI-Laufbahnberatung

Die KomBI-Laufbahnberatung ist ein klientenzentriertes Kompetenzfeststellungsverfahren für Beraterinnen und Berater, die Menschen mit Migrationshintergrund unterstützen. Es basiert methodisch auf der Kompetenzenbilanz von PerformPartner, welche auch hier vorgestellt wird:

https://blog.aus-und-weiterbildung.eu/die-kompetenzenbilanz-als-kompetenzorientierte-laufbahnberatung/

Zielgruppe, Inhalte und Methodik der KomBI-Laufbahnberatung

Das Verfahren wurde gezielt für Menschen mit Migrationshintergrund weiterentwickelt. Die Beraterinnen und Berater arbeiten vorwiegend in geförderten Projekten (z.B. für Geflüchtete, Arbeit suchende o. Ä.) und sind, neben der Methode der Kompetenzfeststellung, auch in sprachsensibler Beratung sowie hinsichtlich interkultureller Aspekte geschult.

Im Gegensatz zu objektivierenden Verfahren, in denen die Kompetenzen zumeist aus der Beobachtung bewertet werden, erarbeiten die KlientInnen ihre Ressourcen ausschließlich aus der Reflexion. Somit ist die KomBI-Laufbahnberatung als subjektivierend zu betrachten. Durch diesen klientenzentrierten Ansatz wird die Selbstwirksamkeit hinsichtlich der eigenen Berufswegplanung deutlich erhöht. Die Klientinnen und Klienten treffen eigene Entscheidungen, wie sie ihre Kompetenzen in Zukunft einsetzen wollen und setzen diese mit höherer Motivation um. Die Wirkung des Verfahrens konnte im Rahmen einer Evaluationsstudie belegt werden.

Die KomBI-Laufbahnberatung orientiert sich an den psychologischen Wirkfaktoren, die der Psychotherapieforscher Klaus Grawe in seinen Forschungen zusammenfasste. Diese Wirkfaktoren übertrug Prof. Dr. Claas Triebel in eine Prozesskette für die (Laufbahn-)Beratung. Der Ablauf der Beratung orientiert sich an folgenden vier Kernelementen:

  • Biografische Arbeit
  • Tätigkeitsanalyse
  • Kompetenzen belegen
  • Ziele und nächste Schritte

In der biografischen Arbeit beschäftigen sich die Teilnehmenden zunächst mit ihren Lernerfahrungen sowohl aus Ausbildung und Beruf sowie aus der Freizeitgestaltung und den sozialen Kontakten. Der Prozess wird ausschließlich ressourcenorientiert gestaltet und aktiviert eine positive Grundhaltung zu den eigenen Erfahrungen. Hierbei hilft, dass die Ressourcen zunächst nicht auf ihre berufliche Verwertbarkeit geprüft werden müssen.

Aus der biografischen Arbeit werden im nächsten Schritt Tätigkeitsbereiche gewählt, hinter denen mehrere Kompetenzen vermutetet werden können. In der Tätigkeitsanalyse werden diese so genau betrachtet, dass neben den meist offensichtlichen fachlichen und sozialen Kompetenzen, die darunterliegenden personalen und methodischen Kompetenzen erkannt werden.

Beim folgenden Kernelement (Kompetenzen belegen) werden die einzelnen Kompetenzen rückblickend mit den Erkenntnissen aus der Tätigkeitsanalyse belegt. Dabei lernen die Teilnehmenden ihre Kompetenzen sehr differenziert darzustellen und entwickeln dabei auch eigenständig Perspektiven, wie sie diese in Zukunft nutzbar machen wollen.

Zuletzt wird ein Aktionsplan gestaltet, der die Ziele und nächsten Schritte inhaltlich und organisatorisch klar darstellt.

Die KomBI-Laufbahnberatung berücksichtigt verschiedene Anforderungen hinsichtlich der meist heterogenen Zielgruppen. So können auch Teile der Kompetenzfeststellung in Gruppensettings durchgeführt werden. Idealerweise werden die Klientinnen und Klienten in Einzelgesprächen beraten (Vier Sitzungen à 2 Stunden zzgl. Hausaufgaben)

Auswertung und Ergebnis

Die Teilnehmenden bekommen nach der Beratung eine schriftliche Kompetenzendokumentation. In dieser werden die Ergebnisse aus dem Kernelement Kompetenzen belegen in einfacher Sprache zusammengefasst und die entwickelten Perspektiven dargestellt. Im Aktionsplan werden auch die dafür nötigen nächsten Schritte dargestellt. Diese helfen auch den öffentlichen Einrichtungen (Arbeitsagentur, Jobcenter) bei der Entscheidung, Mittel für die Weiterbildung bzw. Anpassungsqualifizierung zu bewilligen.

Gerade die erhöhte Selbstwirksamkeit der Methode und die dadurch geförderte Umsetzungsmotivation fördert die Arbeitsmarktintegration nachhaltig.

Hintergrund und Entwicklung

Die KomBI-Laufbahnberatung ist eine zielgruppenspezifische Weiterentwicklung der Kompetenzenbilanz von Prof. Dr. Claas Triebel und Prof. Dr. Thomas Lang von Wins (PerformPartner), die auch in diesem Blog beschrieben wird.

Der Auftrag kam aus dem Netzwerk Integration durch Qualifizierung (IQ), welches mit Bundesmitteln gefördert und seit 2005 die Arbeitsmarktchancen von Menschen mit Migrationshintergrund verbessert.

Es wurden zunächst kostenfreie Schulungen für Beraterinnen und Berater aus dem Netzwerk durchgeführt. Dazu entstand zudem das Arbeitsbuch KomBI-Laufbahnberatung (ISBN 978-3-00-033244-9). Im weiteren Verlauf wurden kürzerformatige Inhouse-Schulungen entwickelt, um den Bedarf von Trägern und Einrichtungen gezielt abzudecken.

Validität und Evaluation

Die KomBI-Laufbahnberatung ist, trotz der vermeintlich fehlenden Objektivität, höchst valide, da die Kompetenzen schlüssig aus der Biografie und den Lernerfahrungen belegt werden können. Durch den klientenzentrierten Ansatz, werden die Kompetenzen von den Teilnehmenden stimmiger wahrgenommen als bei objektivierenden Verfahren. Dies erhöht die Selbstwirksamkeit hinsichtlich der Perspektivenbildung und Zielwegsplanung. Dies wurde in Längsschnittstudien der zugrundeliegenden Kompetenzenbilanz evaluiert und bestätigt.

Voraussetzung für die Anwendung

KomBI-LaufbahnberaterInnen haben eine mindestens achttägige Fortbildung durchlaufen und wurden hinsichtlich ihrer Beratungsqualität überprüft. Wenn auch vereinzelt Angebote für Selbstzahler auf Honorarbasis zu finden sind, finden die meisten Beratungen in staatlich finanzierten Arbeitsmarkt- bzw. Sprachförderprojekten statt. Somit ist die Durchführung einer KomBI-Laufbahnberatung für die Teilnehmenden meist kostenfrei.

Anschlussfähigkeit an Arbeitsmarktintegration

Wie bereits weiter oben beschrieben, wurde die KomBI-Laufbahnberatung eigens dafür entwickelt, die Arbeitsmarktchancen für Menschen mit Migrationshintergrund zu verbessern. Allerdings setzt die Durchführung die Freiwilligkeit und eine eigenmotivierte Verantwortung voraus, sich auf den klientenzentrierten Prozess einzulassen. Wenn dies gegeben ist und eine KomBI-Laufbahnberatung durchgeführt wird, dann entwickeln die Teilnehmenden selbstverantwortlich realitätsnahe Ziele und Umsetzungsstrategien. Zudem können meist passende Anschlussqualifizierungen in den Angeboten des IQ-Netzwerkes bzw. der Arbeitsagentur gefunden werden. Die erstellte Kompetenzendokumentation kann auch der Arbeitsvermittlung zur Entscheidungshilfe für gezielte Förderungen vorgelegt werden.

Verbreitung und Resonanz auf Seiten der Arbeitsmarktakteure und der Unternehmen

Durch die Entwicklung und Verbreitung der KomBI-Laufbahnberatung im bundesweiten IQ-Netzwerk gibt es eine breite Akzeptanz hinsichtlich der Methode und deren Wirksamkeit. Es gibt bundesweit ca. 200 geschulte haupt- und ehrenamtliche KomBI-LaufbahnberaterInnen. Durch individuell angepasste Inhouse-Schulungen wird das Verfahren bei Trägern im gesamten Bundesgebiet sowie in Österreich geschult. Eine Auswahl an KomBI-Coaches ist hier zu finden: http://kombi-laufbahnberatung.de/kombi-coaches/

Nächste Schritte

Durch den erhöhten Zuzug von Geflüchteten gibt es erneut gesteigerten Bedarf an Kompetenzfeststellungverfahren für Menschen mit Migrationshintergrund. Deshalb werden Konzepte entwickelt, die Kompetenzfeststellung bereits frühzeitig in Sprachkurse zu implementieren. Durch diese Verknüpfung soll die Selbstwirksamkeit des Spracherwerbs und der eigenen Kompetenzerfahrung aktiviert werden. Man kann davon ausgehen, dass dadurch eine schnellere und nachhaltigere berufliche Integration ermöglicht werden wird.

Zudem werden weiterhin individuelle Konzepte für Beratungseinrichtungen entwickelt. Das Angebot von Trainern für die KomBI-Laufbahnberatung wird derzeit weiter ausgebaut, um ein breiteres Schulungsangebot zu ermöglichen.

Mögliche Rolle in einem nationalen System der Kompetenzanerkennung

Die KomBI-Laufbahnberatung hat sich bereits als ein zentrales Instrument zur Kompetenzfeststellung innerhalb des IQ-Netzwerks etabliert.

Gerade für die (formale) Kompetenzanerkennung sind auch subjektivierende Verfahren nötig, damit die möglichen Perspektiven auch hinsichtlich der eigenen Kompetenzen und Wertvorstellungen überprüft werden. Evtl. zeigt sich durch das Verfahren, dass mit der Zeit neue berufliche Orientierungen entstanden und dafür alternative Anpassungsqualifizierungen notwendig sind.

Bestehende Einrichtungen für Anerkennungsverfahren (z.B. HWK) stützen sich gerne auch auf die Ergebnisse der KomBI-Laufbahnberatung und nahmen bereits an Fortbildungen teil.

Weitere Quellen

www.kombi-laufbahnberatung.de

www.kompetenzenbilanz.de

www.netzwerk-iq.de/

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