Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) plant eine Art TÜV für die Anwendung von künstlicher Intelligenz in deutschen Unternehmen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung (SZ) richtet das Ministerium ein "KI-Observatorium" ein, das die Chancen und Risiken von künstlicher Intelligenz bewerten soll. Das Observatorium werde noch in diesem Jahr die Arbeit aufnehmen, schreibt die SZ. Mittelfristig sei geplant, ein eigenes Bundesinstitut für KI mit deutlich mehr Personal einzurichten.

"Wir schauen uns an, wo diese Technologie eingesetzt wird und wo das in sensiblen Bereichen geschieht", sagte Björn Böhning, Staatssekretär des BMAS, der SZ. Demnach soll das Observatorium die Folgen des Einsatzes künstlicher Intelligenz für die Firmen und Beschäftigten einschätzen und dabei helfen, den Einsatz politisch zu steuern.

Wenn es sich zum Beispiel um eine durch KI entstandene Playlist bei einem Musikstreamingdienst handele, sei dies kein Problem für die Politik, so Böhning gegenüber der SZ.  "Wenn aber ein autonom fahrendes Auto entscheidet, wird ein Begrenzungspfahl umgefahren oder die Gruppe von Menschen daneben, dann geht es um eine andere Risikoklasse, für die wir dann auch politische Gestaltung brauchen", sagte Böhning. Bei ethisch nicht vertretbaren Anwendungen kann es in Anlehnung an die Empfehlungen der "Datenethikkommission" auch zu Verboten kommen.

Im Zentrum der Prüfung stehen laut SZ KI-Anwendungen im Wirtschafts- und Arbeitsleben. Ein besonderer Fokus liegt derzeit auf den aktuellen Entwicklungen im deutschen Einzelhandel und im Finanz- und Bankensektor. Klassische Berufe wie Kassiererin und Kassierer haben durch die Digitalisierung sowie Onlineverkaufsplattformen wie Amazon immer weniger Zukunft. Auch in der Finanzbranche werden weitreichende Folgen durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz erwartet.

Künstliche Intelligenz bringt Wandel auf dem Arbeitsmarkt

Prognosen des Arbeitsministerium zufolge, die die SZ zitiert, werden durch den Strukturwandel in den nächsten fünf Jahren 1,3 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland verloren gehen, aber auch 2,1 Millionen neue Stellen entstehen. Bis 2035 werden demnach sogar rund vier Millionen Arbeitsplätze wegfallen, aber auch etwa 3,3 Millionen neue Jobs hinzukommen. Umschulungen und Weiterbildungen sollen Beschäftigte für die neuen Stellen qualifizieren. Hierbei soll das Arbeit-von-morgen-Gesetz helfen, das Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) auf den Weg gebracht hat.

Das KI-Observatorium soll jedoch laut Arbeitsministerium nicht nur die Risiken künstlicher Intelligenz prüfen, sondern auch die Chancen der neuen Technologie bewerten. Deutschland hat aus Sicht des Ministeriums bei der wirtschaftlichen Nutzung von KI im internationalen Vergleich noch Nachholbedarf. 

Das KI-Observatorium und das zukünftige Bundesinstitut sollen kein deutsches Einzelprojekt bleiben. Das Arbeitsministerium strebt laut SZ eine enge Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission und OECD an. Ziel sei ein europaweites Netz kooperierender KI-Bewertungsstellen.