viele jungen Menschen vor den EU Sternen

Die Europäische Bürgerinitiative und die Jugend: Eine Chance für die EU

Brüssel will die Europäische Bürgerinitiative verbessern. Parlament, Kommission und Rat zeigen Einigkeit. Doch nicht in allem. Das Mindestalter nicht von 18 auf 16 Jahre zu senken, wäre eine vertane Chance für die EU. Aber es regt sich Widerstand im Rat.

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Dr. Dominik Hierlemann
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Dr. Christian Huesmann
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Die Europäische Union redet gerne vom „Europa der Bürger“. Jedoch tut sie sich schwer mit der direkten Beteiligung von Bürgern an der Politik. Die aktuellen Verhandlungen zeigen: Parlament, Kommission und Rat wollen die Bürgerinitiative verbessern. Ansonsten besteht das Risiko, dass Bürger sie immer weniger nutzen und sie obsolet wird.

Ein richtiger und wichtiger Punkt hierbei: Die Kommission hat vorgeschlagen, das Mindestalter für die Unterstützung von Bürgerinitiativen von 18 auf 16 Jahre zu senken. Das Europäische Parlament und zahlreiche zivilgesellschaftliche Akteure tragen dies mit. Der vermeintlich kleine Schritt ist potenziell sehr wirkungsvoll. Allerdings regt sich Widerstand im Rat. Denn: Im Verordnungstext zur EBI ist das Mindestalter für Unterstützer an das aktive Wahlrecht bei den Europawahlen gekoppelt. Dies ist aber nicht zwingend. Es spricht vieles dafür, die EBI auch für Menschen zu öffnen, die noch nicht wählen dürfen.

Die Bürgerinitiative ab 16 – eine Chance für die EU

Wer die Europäische Union bürgerfreundlicher machen und EU-Verdrossenheit entgegenwirken will, sollte gerade die Jugend stärker beteiligen. Umfragen der EU selbst zeigen: Jüngere EU-Bürger sind vehemente Unterstützer der europäischen Idee. Andererseits geht die Wahlbeteiligung gerade in dieser Altersgruppe bei Europawahlen dramatisch zurück. Umso wichtiger, dass die EU diese Herausforderung angeht. Die Senkung des Mitmachalters von 18 auf 16 kann dazu ein erster Schritt sein.

Die EU genießt vor allem bei der jungen Generation breite Zustimmung. Aber sie kann es nicht in konkrete politische Unterstützung umwandeln.

Keine Wahl, sondern Beteiligung. Ein Einstieg in politische Mitwirkung

Untersuchungen und Befragungen zeigen: Die EBI bedient die bevorzugten Beteiligungsmuster der jüngeren EU-Bürger. Diese setzen immer weniger auf die tradierten, langfristigen Formen der politischen Beteiligung etwa über Parteien oder Verbände.

Die EBI bedient die bevorzugten Beteiligungsmuster der jüngeren EU-Bürger. Sie ist online zugänglich und bietet die Möglichkeit, sich punktuell für eine als wichtig empfundene politische Maßnahme einzusetzen.

Sie sind aber nicht unpolitisch, sondern werden zeit- und themengebunden aktiv. Dazu passt die Europäische Bürgerinitiative. Sie ist online zugänglich und bietet die Möglichkeit, sich punktuell für eine als wichtig empfundene politische Maßnahme einzusetzen.

Die EBI ist ein Demokratie-Instrument sui generis. Sie ist eine niedrigschwellige, nicht-bindende Form der Beteiligung, die ein Thema auf die politische Agenda setzen kann. So kann die EBI nicht nur einen breiteren Dialog erzeugen. Sie kann auch das Interesse an Politik und politischer Beteiligung wecken.

Frühzeitige politische Aktivierung zahlt sich aus

Generell gilt: Politisches Interesse führt zu stärkerer politischen Beteiligung. Der Zusammenhang gilt aber auch umgekehrt: Das Recht auf Beteiligung erzeugt politisches Interesse. Mehr noch, wer sich einmal politisch beteiligt hat, bei dem wächst die Wahrscheinlichkeit, sich auch ein weiteres Mal einzubringen. Das Recht zur Mitwirkung an einer Europäischen Bürgerinitiative kann zu einem verstärkten Interesse an europäischer Politik insgesamt sowie an Wahlen zum Europäischen Parlament führen.

"Aus unterschiedlichen Beispielen wissen wir: Die Möglichkeit zur Beteiligung macht aus unbeteiligten Beobachtern betroffene Mitmacher. Davon kann und sollte die EU lernen", so Dominik Hierlemann, Partizipationsexperte der Bertelsmann Stiftung und Mitverfasser der Studie.