Eine Person schaut vom Fußgängerweg nach oben zu einem Paar, welches aus dem Fenster blickt.

Fünf Typen der Bewältigung: Wie Menschen mit der Corona-Krise umgehen

Das auf tiefenpsychologische Kulturforschung spezialisierte rheingold Institut hat in unserem Auftrag untersucht, wie Menschen die Corona-Krise persönlich verarbeiten. Es lassen sich fünf unterschiedliche Typen von Bewältigungsstrategien identifizieren. Diese sollten bei der gesellschaftlichen Bewältigung der Corona-Krise stärker berücksichtigt werden.

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Die Corona-Krise greift tief in die Lebensgewohnheiten der Menschen ein. Dabei zeigt sich, dass Menschen die Krise sehr unterschiedlich wahrnehmen und auf verschiedene Weise mit Verunsicherung, Kontrollverlust und unvorhersehbaren Veränderungen im Alltag umgehen.

Je nach Persönlichkeitstyp gibt es auch Gemeinsamkeiten und Ähnlichkeiten in den Bewältigungsstrategien. Die Forscher und Forscherinnen vom rheingold Institut konnten fünf Krisentypen identifizieren, die durch spezifische Strategien im Umgang mit den Zumutungen der Corona-Pandemie charakterisiert sind: "stabile Krisenmanager", "kreative Vergemeinschafter", "tatkräftige Optimisten", "besorgte Schutzsuchende" und "eigenmächtige Aktivisten".

Die fünf Typen in den unterschiedlichen Phasen der Krise

Der persönliche Typus des Umgangs mit der Corona-Krise spielt aber auch für die gesellschaftliche Krisenbewältigung eine wichtige Rolle. Denn alle Krisentypen können mit ihren Stärken durchaus dazu beitragen, gesellschaftlich gut durch die Krise zu kommen.

So standen am Anfang der Krise die "stabilen Krisenmanager" im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, die durch Ihre Ruhe und Zuversicht gesamtgesellschaftlich zur Stabilisierung der Situation beigetragen haben. Dazu heißt es in der Studie: "Stabile Krisenmanager sind Helfer und Geber – wer kann, engagiert sich für Arme, kauft ein für Risikogruppen, näht Masken, packt Hilfspakete für Obdachlose oder spendet Geld." Auch "kreative Vergemeinschafter" und "tatkräftige Optimisten" prägten das Bild der ersten Phase der Krise, in der die Menschen ihre Ohnmachtsgefühle vor allem durch Aktivismus versuchten, zu bekämpfen.

Im Verlauf der Krise hat sich dann aber auch gezeigt, dass persönliche Bewältigungstypen mit manchen ihrer Schwächen die Krise verschärfen können. Insbesondere "eigenmächtige Aktivisten" mit ihrer Tendenz zum Schwarz-Weiß-Denken haben mehr und mehr das Bild der Krise bestimmt. "Oft glauben sie, die Dinge besser zu durchschauen als die politischen Entscheidungsträger", heißt es in der Studie. Der Schritt zum Verschwörungsdenken liegt da manchmal nicht weit. Für Verschwörungsdenken anfällig zeigen sich auch "besorgte Schutzsuchende", die "durch die Pandemie zutiefst erschüttert und aufgescheucht" sind.

Ableitungen für die Krisenkommunikation

Die Ergebnisse zeigen, dass die persönliche Krisenbewältigung auch gesamtgesellschaftliche Folgen hat.

Die Corona-Krise greift tief in die Lebensgewohnheiten aller Menschen ein, wird aber teils sehr unterschiedlich verarbeitet. Die Entscheider aus Politik  und öffentlicher Verwaltung sollten die verschiedenen Typen individueller Bewältigungsformen stärker berücksichtigen, um Maßnahmen verständlicher zu kommunizieren, Konflikte besser zu verstehen und gesellschaftlichen Polarisierungen vorzubeugen. Beispielsweise können digitale Bürgerdialoge auf kommunaler Ebene dabei helfen, die Sichtweisen der Menschen und gesellschaftliche Stimmungslagen einzufangen.

Die Studie ist Teil einer größeren Studie zu Glaubensüberzeugungen und Werthaltungen im Rahmen des Religionsmonitors der Bertelsmann Stiftung. Die Gesamtergebnisse werden in der zweiten Jahreshälfte 2020 veröffentlicht.