Eine Urkunde und eine Medaille des Friedensnobelpreises werden in einem Schaukasten ausgestellt.

Stütze der jungen Demokratie: Tunesisches "Quartett für nationalen Dialog" ausgezeichnet

Tunesien durchläuft einen schwierigen Prozess hin zu einem stabilen demokratischen Staat. Bereits 2013 drohte er zu scheitern – wären da nicht vier Verbände gewesen, die sich zum "Quartett für nationalen Dialog" zusammenschlossen. Ihr Eintreten für Verständigung wird heute in Oslo mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

Beharrlich und zäh – so würden vermutlich die meisten Tunesier Houcine Abassi, den Gewerkschaftsführer der UGTT, beschreiben. Zwei Eigenschaften, die geholfen haben, den Demokratisierungsprozess in Tunesien vor dem Scheitern zu bewahren. Denn im Herbst 2013 drohte das Land nach der Ermordung zweier Oppositionspolitiker ins politische Chaos zu versinken. Vier Verbände zogen die Notbremse: Zunächst startete Gewerkschaftsführer Abassi eine Kooperation mit der Chefin des Unternehmerverbandes, Wided Bouchamaoui. Im Anschluss holten beide die Menschenrechtsliga und Anwaltskammer Tunesiens mit ins Boot.

In mehreren Verhandlungsrunden führte das "Quartett für den nationalen Dialog" säkulare und islamistische Parteien zu einem Konsens, der schließlich die Verabschiedung einer Modellverfassung für die arabische Welt und demokratische Parlaments- und Präsidentschaftswahlen ermöglichte. Tunesien hielt also Kurs, doch der Weg zu einer gefestigten Demokratie ist lang und steinig.

Das zeigen nicht zuletzt die Anschläge auf Touristen im März und Juni sowie auf die Präsidentengarde im November 2015. Das Land sieht sich immensen Herausforderungen gegenüber: Die demokratische Konsolidierung steht in einem Spannungsverhältnis zur Notwendigkeit, die Sicherheit im Transformationsstaat zu garantieren. Es fehlen Arbeits- und Ausbildungsplätze – allen voran für junge Tunesier – und das Land nimmt hunderttausende Bürgerkriegsflüchtlinge aus Libyen sowie Migranten aus Westafrika auf.

Wie vielversprechend und nachhaltig ist Tunesiens sozioökonomische und demokratische Entwicklung und was muss Europa tun, um den arabischen Staat auf seinem Weg zu unterstützen? Im "Faktencheck Tunesien" argumentieren die Autoren, dass die Regierung in Tunis grundsätzlich die richtigen Reformen anstößt und dabei bereits umfassend durch Europa unterstützt wird. Die Hilfen können aber noch besser koordiniert werden und Tunesien muss beweisen, dass es die ambitionierten Reformvorhaben auch umsetzen kann.

Somit ist der Friedensnobelpreis 2015 auch ein Auftrag an die tunesische Zivilgesellschaft, sich im schwierigen Transformationsprozess auch weiterhin für Dialog, Vielfalt und Engagement der Bürger einzusetzen.

Der "Faktencheck Tunesien" beruht auf den Erkenntnissen des neuen "Länderberichts für Tunesien" aus dem Transformationsindex BTI 2016 der Bertelsmann Stiftung. Der "Länderbericht für Tunesien" ist eine Vorabveröffentlichung aus dem Transformationsindex BTI 2016, der Anfang 2016 erscheint.

Den gesamten "Faktencheck Tunesien" finden Sie in der rechten Spalte.