Donald Trump hält im Wahlkampf im September 2016 eine Rede in der Stadt Aston im US-Bundesstaat Pennsylvania. Lächelnd steht er am Rednerpult, hinter ihm applaudiert seine Tochter Ivanka, die vor mehreren aufgereihten US-Flaggen steht.

Eine amerikanische Revolution: Die Wahl von Präsident Donald Trump

Die Wahl von Donald Trump zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten markiert einen dramatischen Wendepunkt in der amerikanischen Politik. Anthony Silberfeld, Direktor für transatlantische Beziehungen bei der Bertelsmann Foundation in Washington D.C., wagt einen Ausblick, wie diese Wahl das Verhältnis zwischen den USA und Europa verändern wird.

Die Wahl von Donald Trump zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten markiert einen dramatischen Wendepunkt in der amerikanischen Politik. Der designierte Präsident nutzte die wirtschaftliche Unzufriedenheit der Bevölkerung und die kulturellen Gräben im Land für einen ungewöhnlichen Wahlkampf, der letztlich in eine Revolte des Volkes gegen das politische Establishment mündete. Über die innen- und außenpolitischen Prioritäten des künftigen Präsidenten ist wenig Detailliertes bekannt, doch seine bisherigen Aussagen lassen erahnen, wie seine Administration mit Schlüsselthemen umgehen wird, die gleich zu Beginn von Trumps Amtszeit auf seinem Schreibtisch landen werden.

Für die transatlantischen Beziehungen gibt es dabei berechtigten Grund zur Sorge. Dabei sind es insbesondere drei Themen – die NATO, Russland und der Welthandel – die in den europäischen Hauptstädten zu politischer Verunsicherung führen. Zu diesen Themen hat sich Trump in einer Weise geäußert, die im Widerspruch zu euroatlantischen Prioritäten steht und in manchen Fällen jahrzehntelangen Traditionen der Außenpolitik zuwiderläuft. Die Auswirkungen der politischen Entscheidungen, die Trump in den nächsten Monaten treffen wird, könnten das transatlantische Bündnis für die nächste Generation auf eine neue Basis stellen. Die US-amerikanischen und europäischen Interessen sind seit Jahrzehnten eng verflochten. Wenn Amerika wieder "great" werden soll, im Inland wie im Ausland, braucht es Europa an seiner Seite.

Die Zukunft der transatlantischen Beziehungen

Schon seit langem stellt die NATO das Fundament der transatlantischen Sicherheit und einen Eckpfeiler der globalen Stabilität dar. Trump jedoch stellte die Nützlichkeit und Fairness der Allianz in ihrer derzeitigen Form infrage und sandte damit Schockwellen quer durch Europa. Es ist verständlich, zu erwarten, dass alle NATO-Mitglieder ihren finanziellen Verpflichtungen nachkommen. Die Unterstützung der USA von diesen Zahlungen abhängig zu machen, untergräbt jedoch die Glaubwürdigkeit Amerikas und lässt Zweifel an Trump als ernsthaftem Partner aufkommen.

Angesichts der Tatsache, dass Trumps politischer Ansatz als "Amerika zuerst" zusammengefasst werden kann, lässt sich nur schwer voraussagen, wie Washington sich in Bezug auf globale Hotspots verhalten wird, in denen die USA und Europa gemeinsame Ziele verfolgen. Von Syrien bis Iran, von der Ukraine bis hin zu Antiterroroperationen wird in Bezug auf die Koordination zwischen den transatlantischen Partnern bald eine Phase der Unsicherheit anbrechen. Die Liste jener Personen, die gerüchteweise für das Außenministerium infrage kommen, etwa der frühere Sprecher des Repräsentantenhauses Newt Gingrich, ist kaum geeignet, europäische Beobachter zu beruhigen.

Was passiert mit Russland?

Eine der drängendsten Fragen, auf die Europa und die neue US-Regierung eine Antwort finden müssen, ist jene nach dem Umgang mit Wladimir Putin. Trumps Wahlkampfrhetorik lässt darauf schließen, dass Russland vermutlich einen Keil zwischen Amerika und seine europäischen Partner treiben wird. Es scheint, dass Donald Trump sich bei seinen nächsten Schritten vor allem auf seine Instinkte und sein gutes persönliches Verhältnis mit dem russischen Präsidenten verlassen wird. Er hat angekündigt, dass er vorhat, noch vor seiner Vereidigung ein privates Gespräch mit Putin zu suchen – für andere Partner gibt es damit eine frühe Gelegenheit, die Situation zu beobachten und sich auf die neue Realität einzustellen. Eine Annäherung an den Kreml hätte einen Dominoeffekt, dessen Auswirkungen auch in der Ukraine und in Syrien zu spürbaren Veränderungen führen könnten. Europa muss also auf alle Eventualitäten vorbereitet sein.

Ein weiteres Thema, das in der Beziehung zwischen Amerika, Europa und Russland bald zur Sprache kommen muss, ist die Cybersicherheit. Von elektronischen Angriffen auf den Deutschen Bundestag und das Democratic National Committee bis hin zur Manipulation wichtiger Infrastrukturen und Dienstleistungen in den baltischen Staaten wird die Gefahr, die von Hackern im Auftrag Russlands ausgeht, in den nächsten Monaten und Jahren nur zunehmen. Die Obama-Administration hat bereits angedeutet, dass russische Cyberattacken mit Gegenmaßnahmen vergolten werden sollen, doch der neugewählte Präsident könnte einen anderen Weg einschlagen. Dass die russische Einmischung dem Kandidaten Trump im Wahlkampf zugutekam, wird es dem künftigen Präsidenten Trump schwer machen, die russischen Cyberangriffe angemessen zu thematisieren.

Keine Lust auf Handel

In der wirtschaftspolitischen Agenda zwischen der EU und den USA kommt der angestrebten transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) eine zentrale Rolle zu. Trotz Obamas Unterstützung und Begeisterung für das Abkommen sind die Verhandlungen infolge des Drucks der Öffentlichkeit und der Unfähigkeit der Verhandelnden, sich bei den heikelsten Themen zu einigen, ins Stocken geraten. Dass sich Trump bereits im Wahlkampf gegen internationale Freihandelsabkommen ausgesprochen hat, verheißt nichts Gutes für die Zukunft von TTIP. Die Handelsagenda des designierten Präsidenten enthält ein Hauptziel: das nordamerikanische Freihandelsabkommen (NAFTA) neu zu verhandeln. Trump hat angekündigt, die transpazifische Partnerschaft aufzukündigen, und scheint keinerlei Interesse daran zu haben, TTIP weiter zu verfolgen.

Der Wahlsieg des neuen Präsidenten erklärt sich zu großen Teilen aus seinem Engagement für mehr Abschottung und Protektionismus. Jegliche Unterstützung für den Freihandel wäre damit ein Verrat an jenen, die ihm den Einzug ins Weiße Haus ermöglicht haben. Es ist unwahrscheinlich, dass Trump sein hart erkämpftes politisches Kapital für den transatlantischen Freihandel aufs Spiel setzen würde.

Stabilität beginnt zu Hause

Im Jahr 2004 trat bei der damaligen Democratic National Convention ein relativ unbekannter Senator aus Illinois auf die Bühne. In seiner Rede sprach Barack Obama die inzwischen berühmten Worte: "Es gibt nicht ein liberales Amerika und ein konservatives Amerika – es gibt die Vereinigten Staaten von Amerika."

Zwölf Jahre später nähern wir uns dem Ende der Amtszeit von Präsident Obama, und der künftige Präsident Trump wartet bereits in den Startlöchern. Die Vision eines vereinten Landes wurde von einem bitteren und hässlichen Wahlkampf zerschlagen. Nun ist es an Obamas Nachfolger, den immensen Schaden wieder gutzumachen, der angerichtet wurde.

Bei seiner Siegesrede stimmte Trump mildere Töne an und reichte allen Amerikanern und "allen anderen Nationen, die mit uns auskommen wollen" symbolisch die Hand. Dies ist zwar nicht sehr konkret, aber dennoch ein guter erster Schritt. Die EU-Kommission hat auf diese Annäherung positiv reagiert und den designierten Präsidenten nach seiner Vereidigung zu einem Gipfeltreffen in Europa eingeladen. Das transatlantische Bündnis braucht einen starken Präsidenten in Washington, um die gemeinsamen Interessen effektiv zu vertreten. Die Idee eines Präsidenten Trump hat sowohl in Amerika als auch im Rest der Welt großes Misstrauen ausgelöst. Doch um ein effektiver Partner für Europa zu sein, muss sich Präsident Trump zunächst mit den tiefen Gräben innerhalb Amerikas auseinandersetzen.