Eine Lehrerin sitzt mit mehreren Schülern an einem Tisch und bearbeitet Aufgaben. Im Hintergrund eine weitere Lehrerin mit Schülern.

Ganztag: Alltag in der Schulpraxis, aber noch nicht im Lehramtsstudium

In Deutschland unterrichten viele Lehrer bereits in Ganztagsschulen und arbeiten dort mit anderen Fachkräften, wie Sozialpädagogen oder Psychologen, zusammen. Im Lehramtsstudium spielt das Thema Ganztag bislang aber nur eine Nebenrolle. Das zeigt der Monitor Lehrerbildung, an dem wir beteiligt sind.

Der klassische Halbtags-Unterricht hat in Deutschland zunehmend ausgedient. Im Schuljahr 2015/16 hielten zwei Drittel aller allgemeinbildenden Schulen Ganztagsangebote parat. Rund 40 Prozent aller Schüler nahmen sie wahr. Im Lehramtsstudium hat das Thema Ganztag allerdings noch keinen entsprechenden Stellenwert. Das zeigt der Monitor Lehrerbildung von Bertelsmann Stiftung, CHE Centrum für Hochschulentwicklung, Deutsche Telekom Stiftung und Stifterverband. Für die Studie befragten wir Hochschulen und Vertreter der Bundesländer.

Nur an einer Minderheit der Hochschulen sind Veranstaltungen zum Ganztag für Lehramtsstudenten verpflichtend

Veranstaltungen, in denen die Lehramtsstudenten lernen, Ganztagsunterricht zu organisieren und zu gestalten, sind nur an rund einem Drittel der befragten Hochschulen verpflichtend. Die Ergebnisse unterscheiden sich minimal nach Lehramtstyp. "Die Lehramtsstudierenden von heute werden später mehrheitlich an einer Ganztagsschule unterrichten. Im Curriculum der Lehrerbildung ist der Ganztag als künftiger Normalfall allerdings noch nicht angekommen", unterstreicht Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung. Dräger fordert deshalb, es müsse bereits im Studium systematische Angebote zum Thema geben.

Spätere Zusammenarbeit mit anderen Ganztags-Fachkräften spielt im Lehramtsstudium lediglich eine Nebenrolle

Zu den Besonderheiten von Ganztagsschulen gehört, dass dort unterschiedliche Berufsgruppen zusammenarbeiten und die Schüler betreuen. So sind hier neben Lehrern auch Sozialpädagogen, Schulsozialarbeiter, Psychologen, Erzieher, Honorarkräfte und Ehrenamtliche im Einsatz. Doch die Studie zeigt: Die Lehrer von morgen werden nur teilweise auf die Arbeit in multiprofessionellen Teams vorbereitet. In weniger als der Hälfte aller befragten Hochschulen gibt es entsprechende verpflichtende Lehrveranstaltungen. Nur im Lehramtsstudium für Sonderpädagogik bieten mehr als die Hälfte der befragten Hochschulen passende Lehrveranstaltungen an.

"Lehrerkooperationen sind ein zentraler Erfolgsfaktor von Schule. Das gilt erst recht für die Ganztagsschule, in der Lehrkräfte auch auf Vertreter anderer pädagogischer Professionen treffen", betont Ekkehard Winter, Geschäftsführer der Deutsche Telekom Stiftung. Auf die spätere Zusammenarbeit in multiprofessionellen Teams müssten die angehenden Lehrer schon in ihrer Ausbildung vorbereitet werden, so Winter. Hier seien die Hochschulen in der Pflicht.

Lehramtsstudenten sollten gemeinsame Lehr- und Prüfungsformate mit Studenten anderer pädagogischer Disziplinen belegen

Um Lehramtsstudenten besser auf den späteren Berufsalltag und die Teamarbeit in Ganztagsschulen vorzubereiten, empfiehlt der Monitor Lehrerbildung gemeinsame Lehr- und Prüfungsformate mit Studenten anderer pädagogischer Disziplinen. Von gegenseitiger Wertschätzung und einem Kompetenzaustausch etwa mit Sozial- und Sonderpädagogen oder Psychologen könnten einst alle profitieren.

Die komplette Studie finden Sie hier.