Viele Jugendliche haben Schwierigkeiten dabei, einen Ausbildungsplatz zu finden.

Das haben auch wir hautnah miterlebt, da unsere Suche nach einem Ausbildungsplatz noch nicht lange zurückliegt. Wir haben uns auch mit Mitschülern zum Thema ausgetauscht, die uns über ähnliche Erfahrungen berichteten. Auf der anderen Seite haben viele Betriebe Schwierigkeiten ihre Ausbildungsplätze zu besetzen. Dabei sind vor allem kleinere Betriebe betroffen. Nur, woran liegt es, dass junge Menschen und Betriebe nicht zusammenkommen? In diesem Blogbeitrag beschreiben wir die Probleme der Betriebe und Ausbildungssuchenden. Wir schlagen mögliche Lösungsansätze vor.

Wir, das sind Philip Heil und Niklas Menke. Wir machen beide eine Ausbildung als Industriekaufmann bei der Bertelsmann SE & Co. KGaA. Wir sind im ersten und zweiten Ausbildungsjahr und in der Zeit von August 2017 bis Januar 2018 im Bereich „Lernen fürs Leben“ in der Bertelsmann Stiftung eingesetzt.

Klein aber fein: Auch kleine Unternehmen können für Azubis attraktiv sein

In Gütersloh zum Beispiel gibt es zwei Weltkonzerne: Bertelsmann und Miele. Bertelsmann bekommt pro Jahr ca. 600-700 Bewerbungen für ihre Ausbildungsplätze zugeschickt. Allerdings bietet Bertelsmann nur ca. 100 Ausbildungsplätze für die Ausbildungsberufe und dualen Studiengänge an. Viele Bewerber gehen damit leer aus. Kleinere Betriebe hingegen haben oft auch kurz vor Ausbildungsbeginn noch offene Ausbildungsstellen zu vergeben. Sie tauchen auf dem Radar der Ausbildungssuchenden nicht auf. Obwohl die Chancen hier einen guten Ausbildungsplatz zu bekommen oft besser wären. Zudem können Faktoren wie z. B. ein gutes Betriebsklima ein großer Pluspunkt für kleinere Unternehmen sein. Dies ist vielen Schülern aber aus unserer Sicht nicht bewusst. Daher sollten kleinere Betriebe ihre Vorteile für Azubis stärker betonen und auf diese Vorteile auch in Stellenanzeigen explizit eingehen.

Viele Schüler informieren sich in digitalen Ausbildungsportalen über das Ausbildungsangebot. Für Unternehmen, die auf der Suche nach Auszubildenden sind, ist es also wichtig, dort präsent zu sein. Nur so kann man einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Möglich ist das zum Beispiel durch eine außergewöhnliche Stellenbeschreibung, da sich viele Stellenanzeigen für Azubis meist sehr ähneln. In vielen Stellenanzeigen werden lediglich die Aufgaben und erforderlichen Qualifikationen genannt. Für den potenziellen Auszubildenden ist jedoch auch wichtig, was das Unternehmen sonst noch bieten kann. So können Unternehmen z. B. auch außerbetriebliche Aktivitäten in Stellenanzeigen erwähnen. Für potenzielle Auszubildende sind diese Informationen wichtig, denn sie sagen viel über die Arbeitsatmosphäre im Betrieb aus.

Der Mix macht‘s: Eine vielfältige Ausbildung ist auch in kleinen Unternehmen möglich

Ein Vorteil großer Unternehmen ist es, dass sie mehrere Abteilungen haben, die Auszubildende durchlaufen können. Damit können sie eine vielseitige Ausbildung gewährleisten. Da kleinere Unternehmen dies oft nicht können, wäre ein „Auszubildendenaustausch“ eine Option. So könnten kleinere Unternehmen im gleichen Gewerbe eine Partnerschaft abschließen, in der Auszubildende beispielsweise für 3 Monate den Betrieb tauschen. Dadurch können  kleinere Betriebe für viele Ausbildungssuchende eine ansprechende Alternative werden. Da es für viele Auszubildende hilfreich sein kann, an verschiedenen Orten zu lernen und dadurch auch der Lerneffekt gesteigert wird, ist diese Maßnahme auch aus betrieblicher Sicht sinnvoll.

Berufsrelevante Kompetenzen sind der Schlüssel zur Auswahl passender Bewerber!

Es ist schon komisch: Die Einschreibung für ein Studium gestaltet sich oft wesentlich einfacher als eine Bewerbung um einen Ausbildungsplatz. Für viele Jugendliche ist  der Bewerbungsprozess bzw. das Bewerbungsanschreiben ein echtes Problem. Sie haben  z. B. Schwierigkeiten beim Verfassen eines aussagekräftigen Anschreibens. Diese Fähigkeit ist unserer Meinung nach aber nicht von essenzieller Bedeutung, wenn jemand z. B. eine Ausbildung zum Tischler anstrebt. Man könnte die benötigten Informationen auch über ein Onlineformular erhalten und sich dann beim Vorstellungsgespräch ein direktes Bild zu den Fähigkeiten des Bewerbers machen. Des Weiteren sollte man sich fragen, wie relevant das Schulzeugnis für den jeweiligen Beruf ist, da sich eine gute bzw. schlechte Leistung in der Schule nicht zwingend mit der Leistung im Betrieb decken muss. So sind z. B. Fächer wie Englisch oder Geschichte für Berufe wie z. B. den Tischler oft nicht von besonderer Bedeutung. Anstatt auf Schulnoten, sollte der Auswahlprozess für eine Ausbildung stärker auf die praktischen und sozialen Kompetenzen fokussiert werden, die für den Wunschberuf wirklich relevant sind.

Vom Praktikant zum Profi: Individuelle Kompetenzen zählen beim Finden des richtigen Berufs!

Ein letztes Problem ist, dass einige Ausbildungsberufe für Schüler unattraktiv geworden sind. Mehr und mehr Jugendliche streben ein Studium an, weil es zum einen für manche Berufe notwendig ist und auch erfolgsversprechender erscheint, wenn man später einen guten Lohn und sicheren Job möchte. Dazu kommt, dass Berufe wie Bank- oder Industriekaufmann /-frau angesehener sind, als viele handwerkliche Berufe, obwohl diese genauso benötigt werden. Die Masse der Bewerbungen konzentriert sich daher auf wenige Berufe. Sobald der Mangel an Handwerkern deutlich bemerkbar wird, wird aber auch das Lohnniveau steigen, was vielen Jugendlichen allerdings nicht bewusst ist. Oft ziehen Schüler deswegen diese Berufe gar nicht erst in Erwägung, obwohl auch sie Potenzial haben. Manchmal würde ein anderer Beruf auch besser zu den eigenen Interessen passen. Diese können unter anderem in Praktika zum Vorschein kommen. Daher sollten Betriebe mehr Praktika anbieten. Auch Schulen sollten Praktika durch Freistellungen nicht nur ermöglichen, sondern Praktika in bestimmten Bereichen wie dem Handwerk voraussetzen, sodass jeder Absolvent Erfahrungen in möglichst vielen Berufsbereichen sammeln kann, bevor er sich für einen Berufsweg entscheidet. Ein Praktikant sollte dann allerdings nicht als günstige bzw. kostenlose Hilfskraft, sondern vielmehr als potenzieller zukünftiger Arbeitnehmer und somit auch als Teil des Teams, angesehen werden. Denn Ziel eines Praktikums ist es, einen möglichst guten Einblick in den Beruf zu erhalten und dadurch einen Lerneffekt zu erzielen.

Wie beschrieben finden wir, dass Unternehmen ihre eventuell unpassenden Erwartungen zurückschrauben sollten, um das Bewerbungsverfahren für Ausbildungsplätze zu vereinfachen. Außerdem sollten viele Berufe und Stellen besser beworben werden. Damit wäre potentiellen Azubis und Unternehmen geholfen!



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