Wie will die EU bis 2050 eine Kreislaufwirtschaft erreichen?

Erfahren Sie mehr über den Aktionsplan der EU für die Kreislaufwirtschaft und was die Abgeordneten noch vorschlagen, um Abfall zu verringern und Produkte nachhaltiger zu machen.

Wenn sich die Art und Weise, wie wir Ressourcen verbrauchen, nicht ändert, bräuchten wir bis 2050 drei Erden, um unseren Bedarf zu decken. Die Ressourcenknappheit und der Klimawandel erfordern den Übergang von einer Wegwerf-Gesellschaft, in der genommen, hergestellt, verbraucht und weggeworfen wird, hin zu einer kohlenstoffneutralen, ökologisch nachhaltigen und schadstofffreien Kreislaufwirtschaft bis 2050.

Die aktuelle Krise hat zudem Mängel in unseren Ressourcen- und Wertschöpfungsketten aufgezeigt, von denen insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und die Industrie betroffen sind. In einer Kreislaufwirtschaft werden CO₂-Emissionen gesenkt, das Wirtschaftswachstum angekurbelt und neue Arbeitsplätze geschaffen.

Ein bunter Kleidungsstape, auf dem ein Label mit dem Text „100 % recycelt“ befestigt ist. ©AdobeStock/HollyHarry
Die EU setzt einen neuen Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft um ©AdobeStock/HollyHarry

Aktionsplan der EU für die Kreislaufwirtschaft

Im März 2020 schlug die Europäische Kommission das erste Maßnahmenpaket zur Beschleunigung des Übergangs zu einer Kreislaufwirtschaft vor, wie im Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft angekündigt. Der Aktionsplan steht in Einklang mit dem EU-2050-Klimaneutralitätsziel im Rahmen des Grünen Deals. Zu den Vorschlägen gehören die Förderung nachhaltiger Produkte, die Unterstützung des grünen Wandels, die Überarbeitung der Bauprodukteverordnung und eine Strategie für nachhaltige Textilien.

Im November 2022 schlug die Kommission neue EU-weite Vorschriften für Verpackungen vor. Diese umfassen Anregungen zur Verbesserung des Verpackungsdesigns, wie zum Beispiel eine klare Kennzeichnung, um Wiederverwendung und Recycling zu fördern. Außerdem wird ein Übergang zu biobasierten, biologisch abbaubaren und kompostierbaren Kunststoffen gefordert.

Am 10. Februar 2021 nahm das Europäische Parlament eine Entschließung an, in der schärfere Recyclingziele und verbindliche Reduktionsziele bei der Verwendung und dem Verbrauch von Materialien bis 2030 gefordert werden.

Im Oktober 2022 billigte das Parlament eine Überarbeitung der Vorschriften für persistente organische Schadstoffe (POP), um die Menge an gefährlichen Chemikalien in Abfällen und Produktionsprozessen zu verringern. Mit den neuen Vorschriften werden strengere Grenzwerte eingeführt, bestimmte Chemikalien verboten und Schadstoffe vom Recycling ferngehalten.

Für nachhaltigere Produkte

Der Produktionsprozess beginnt mit Rohstoffen, und die bereits angespannte globale Versorgungslage wurde durch die COVID-19-Pandemie weiter belastet. Im Jahr 2021 forderten die Abgeordneten eine umfassende EU-Strategie für kritische Rohstoffe, die auf nachhaltiger Beschaffung und hohen Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsstandards basiert. Die Abgeordneten wollen die Abhängigkeit der EU von einigen wenigen Drittstaaten verringern und das Recycling und die Rückgewinnung von kritischen Rohstoffen fördern.

Um einen europäischen Markt für nachhaltige, klimaneutrale und ressourceneffiziente Produkte zu schaffen, schlägt die Kommission vor, die Ökodesign-Richtlinie über energiebezogene Produkte hinaus zu erweitern sowie digitale Produktpässe zu erstellen, mit dem Ziel, alle relevanten Informationen entlang des Produktlebenszyklus zu teilen.

Die Abgeordneten unterstützen außerdem Initiativen gegen die geplante Obsoleszenz von Produkten sowie Maßnahmen, um die Reparierbarkeit von Produkten zu verbessern und ihre Lebensdauer zu verlängern. Zudem sollten Verbraucherrechte durch ein echtes „Recht auf Reparatur“ gestärkt werden. Nach Ansicht der Abgeordneten sollen Verbraucher angemessen über die Umweltauswirkungen der von ihnen gekauften Produkte und Dienstleistungen informiert werden. Sie fordern die Kommission auch auf, Lösungen gegen „Greenwashing“ zu erarbeiten. Darunter versteht man den Versuch von Unternehmen, ein besonders umweltbewusstes, „grünes“ Image zu erlangen, ohne dafür entsprechende Maßnahmen umzusetzen. Die Kommission legte im März 2022 einen Vorschlag zur Aktualisierung der EU-Verbraucherschutzvorschriften zur Unterstützung des grünen Wandels und im März 2023 einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Begründung von Umweltaussagen vor.

Im Januar 2024 billigten die Abgeordneten des Europäischen Parlaments eine vorläufige Einigung mit dem Rat über die Aktualisierung der EU-Verbrauchervorschriften, die Grünfärberei verbieten und den Verbrauchern mehr Informationen über die Lebensdauer von Produkten bieten würde.

Schlüsselsektoren der Kreislaufwirtschaft

Die Prinzipien von Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit müssen in allen Phasen einer Wertschöpfungskette berücksichtigt werden, um eine vollständig kreislauforientierte Wirtschaft zu erreichen: von der Konzeption über die Herstellung bis hin zum Verbraucher. Im Aktionsplan der Kommission werden sieben Schlüsselbereiche ausgemacht, die für die Verwirklichung einer Kreislaufwirtschaft von wesentlicher Bedeutung sind: Kunststoffe, Textilien, Elektronik, Lebensmittel, Wasser und Nährstoffe, Verpackungen, Batterien und Fahrzeuge, Bauwirtschaft und Gebäude.

Kunststoffe

Die Abgeordneten unterstützen die europäische Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft, die vorsieht, die Verwendung von Mikroplastik schrittweise auslaufen zu lassen.

Textilien

Bei der Textilproduktion werden große Mengen an Rohstoffen und Wasser verbraucht. Weniger als ein Prozent der Textilien wird recycelt. Die von der Kommission im März 2020 vorgestellte EU-Strategie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien zielt darauf ab, dass bis 2030 die in der EU auf den Markt gebrachten Textilerzeugnisse langlebig und recycelbar sind, so weit wie möglich aus recycelten Fasern bestehen und frei von gefährlichen Stoffen sind. Die Abgeordneten fordern neue Maßnahmen gegen Mikrofaserverlust und strengere Normen für die Wassernutzung.

Elektronik und IKT

Elektro- und Elektronikschrott sind der am schnellsten wachsende Abfallstrom in der EU. Die Recyclingrate liegt unter 40 Prozent. Die Abgeordneten treten dafür ein, die Wiederverwendbarkeit und Reparierbarkeit von Produkten in der EU zu fördern und somit die Produktlebensdauer zu verlängern.

Lebensmittel, Wasser und Nährstoffe

Schätzungsweise zehn Prozent der in der EU insgesamt erzeugten Lebensmittelgehen verloren oder werden verschwendet. Die Lebensmittelverschwendung solle bis 2030 mithilfe der Nachhaltigkeitstrategie „Vom Hof auf den Tisch“ halbiert werden, so die Abgeordneten.

Verpackungen

Der Verpackungsmüll in Europa nimmt zu. Jede Person in der EU erzeugte im Jahr 2021 durchschnittlich 189 kg Verpackungsabfälle. Die EU hat die Vorschriften für Verpackungen und Verpackungsabfälle überarbeitet, um deren Menge zu verringern und die Situation zu verbessern.

Batterien und Fahrzeuge

Die Abgeordneten einigten sich auf neue Regeln, um die Nachhaltigkeit von Batterien zu fördern. Diese sehen vor, Batterien künftig mit möglichst geringen Umweltauswirkungen aus Materialien herzustellen, die unter vollständiger Einhaltung der Menschenrechte sowie sozialer und ökologischer Standards gewonnen worden sind.

Bauwirtschaft und Gebäude

Auf das Baugewerbe entfallen über 35 Prozent des gesamten Abfallaufkommens in der EU. Die Kommission hat die Überarbeitung der Bauprodukteverordnung angekündigt, um die seit 2011 geltenden Vorschriften zu modernisieren. Die Abgeordneten treten für Maßnahmen ein, um die Lebensdauer von Gebäuden zu verlängern. Auch Reduktionsziele für den CO₂-Fußabdruck von Baumaterialien und Mindestanforderungen an die Ressourcen- und Energieeffizienz sind unter ihren Forderungen.

Abfallwirtschaft und -verbringung

In der EU fallen jährlich mehr als 2,5 Milliarden Tonnen Müll an. Die Verbringungen von Abfällen aus der EU in Drittstaaten erreichten im Jahr 2020 32,7 Millionen Tonnen. Der Großteil der verbrachten Abfälle besteht aus Eisen- und Nichteisenmetallschrott sowie aus Papier-, Kunststoff-, Textil- und Glasabfällen und geht hauptsächlich in die Türkei, nach Indien und Ägypten.

Die Abgeordneten fordern die EU-Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, hochwertiges Recycling zu fördern, Abfalldeponierung zu beenden, Müllverbrennung zu beschränken und schädliche Chemikalien im Abfall zu reduzieren. Im Januar 2023 stimmte das Parlament über seinen Standpunkt zu den Abfallverbringungsregeln ab, die die Wiederverwendung und das Recycling fördern und die Umweltverschmutzung verringern sollen.

Gemäß den Vorschriften sollten aus der EU ausgeführte Abfälle in den Bestimmungsländern umweltgerecht entsorgt werden. Die Durchsetzung der Vorschriften zur Bekämpfung illegaler Verbringungen sollen verstärkt werden. Innerhalb der EU fordern die Abgeordneten einen besseren Informationsaustausch und Transparenz bei Verbringungen. Die Ausfuhr von gefährlichen Abfällen aus der EU in Nicht-OECD-Länder sollte generell verboten werden. Die Ausfuhr von Kunststoffabfällen in Nicht-OECD-Länder sollte ebenfalls verboten werden, während derartige Exporte in OECD-Länder innerhalb von vier Jahren schrittweise eingestellt werden sollten.