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Weniger ist mehr: CO2-Reduktion in der Industrie

Die kontroverse Debatte über das neue Klimaschutzprogramm der Bundesregierung zeigt: Der Klimaschutz wird das bestimmende Thema in den nächsten Jahren sein. Ein ‚Weiter so‘ wird es nicht geben. Das hat auch industriepolitische Auswirkungen. Bereits heute suchen Industrie und Gewerbe in Deutschland aus regulatorischen oder ökonomischen Gründen nach modernen Lösungen für Energieeffizienz und CO2-Reduktion. Auch die Unternehmensstrategie kann eine Rolle spielen. Viele Firmen haben Nachhaltigkeitsstrategien aufgesetzt mit Auswirkungen für die Energiebeschaffung und den Energieeinsatz.
Was bedeutet das neue Klimaschutzprogramm der Regierung für die deutsche Industrie?
Reicht eine Nachhaltigkeitsstrategie aus, um den künftigen Anforderungen zur CO2-Reduzierung gerecht zu werden? Und wenn nicht, was ist dann zu tun?
Welche Strategie gilt es zu wählen, damit Klimaschutz und Nachhaltigkeit Unternehmen zum Vorteil gereicht und nicht zum Nachteil?

Auf Einladung von energiespektrum und der Hannover Messe diskutierten Anfang November in München mehrere Experten über Herausforderungen, Strategien und Lösungen für CO2-Reduktion und Klimaschutz in Industrie und Gewerbe.

Teilnehmer (von links): Prof. Alexander Sauer, Fraunhofer IPA; Dr. Christian Pacher, Future Camp; Achim von Michel, Bundesverband mittelständische Wirtschaft; Heinrich Gärtner, GP Joule

Das Klimaschutzprogramm der Bundesregierung

Ziel ist, dass Deutschland bis zum Jahr 2030 55 Prozent weniger klimaschädliche Treibhausgase wie CO2 ausstößt. Enthalten sind Maßnahmen zur Einsparung von CO2 für alle Sektoren: für die Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude, Verkehr, Land- und Forstwirtschaft, Landnutzung und Abfallwirtschaft. Herzstück des Programms ist die Einführung eines Preises für den Ausstoß von klimaschädlichem CO2 für Verkehr und Wärme ab 2021. Der über die Jahre steigende Preis soll mehr Anreize für den Klimaschutz in der Wirtschaft und bei den Verbrauchern setzen. Der Festpreis startet mit zehn Euro pro Tonne CO2 und steigt bis zum Jahr 2025 auf einen Festpreis von 35 Euro pro Tonne. Ab 2026 bildet sich der Preis am Markt.

„Durch das Klimaschutzprogramm wird es einen Schub bei den Technologien geben, wie beispielsweise der Wasserstofftechnologie. Gleichzeitig haben wir beispielsweise in der Chemie teils Anlagen, die 80 oder 100 Jahre alt sind. Aggregate können nicht ohne weiteres von heute auf morgen erneuert werden oder bringen enorme Investitionskosten mit sich. Energieeffizienzmaßnahmen sind hier nur mit größerem Aufwand möglich, um größere Stillstände und Produktionsausfälle zu vermeiden. Man muss sich bei einer strategischen Neuausrichtung jeden Sektor, jede Branche genau ansehen.“

Dr. Christian Pacher, Future Camp Climate GmbH

Klimaschutzplan 2050

Die Sektorziele im Klimaschutzplan 2050 umfassen die Energiewirtschaft, die Industrie, Gebäude und Verkehr sowie Land- und Forstwirtschaft. Im Bereich der Industrie soll die Minderung bis 2030 49 bis 51 Prozent betragen. Energieeffizienzmaßnahmen, wie die Nutzung bestehender Abwärmepotenziale sowie ein Forschungs-, Entwicklungs- und Markteinführungsprogramm zur Minderung bisher nicht vermeidbarer industrieller Prozessemissionen, sollen bis 2030 zum Emissionsrückgang um rund die Hälfte im Vergleich zu 1990 beitragen. Mittelfristziel ist das Senken der Treibhausgasemissionen in Deutschland bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990. So möchte Deutschland seinen Anteil leisten, damit das globale Ziel des Pariser Abkommens erreicht wird, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius oder sogar auf nicht mehr als 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.

„Energieeffizienzsteigerung ist Häuserkampf“.

Professor Dr. Alexander Sauer, Fraunhofer-Institut IPA

Der Energieeffizienz-Index

Wie energieeffizient produziert die deutsche Industrie? Wo steht mein Unternehmen im Vergleich zu anderen und was kann ich tun? Das Institut für Energieeffizienz in der Produktion (EEP) der Universität Stuttgart ermittelt halbjährlich in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IPA, dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der Deutschen Energie-Agentur (dena) und dem TÜV Rheinland den Energieeffizienz-Index der deutschen Industrie. Der Index beleuchtet die aktuelle Lage der Energieeffizienz in der Industrie und wirft einen Blick in die Zukunft.

„Zwei Aspekte spielen neben der Umweltverträglichkeit eine Rolle. Das eine ist die Bezahlbarkeit, die sich beispielsweise im Strompreis niederschlägt, der mittlerweile zu über 50 % aus Steuern, Abgaben und Umlagen besteht. Und das andere ist die Versorgungssicherheit. Die Netze müssen für unseren Industriestandort funktionieren.“

Achim von Michel, Bundesverband mittelständische Wirtschaft

„Unternehmen können selbst etwas für die Nachhaltigkeit tun, beispielsweise mit E-Flotten. Doch System und Digitalisierung müssen funktionieren. Das geht von den Ladevorgängen, der Abrechnung bis zur Lohnabrechnung des Mitarbeiters, wenn er irgendwo unterwegs lädt oder gar zu Hause und das Ganze nicht als geldwerten Vorteil auf der Lohnabrechnung sehen will.“

Heinrich Gärtner, GP Joule

Das vollständige Expertengespräch lesen Sie in der energiespektrum Ausgabe 1/2020, die am 04.02.2020 erscheint und auf der E-world 2020 ausliegt. Das Gespräch wurde in Kooperation mit der Hannover Messe durchgeführt.

Credits:

Erstellt mit Bildern von veeterzy - "Factory Chimney Smoke" • Donald Giannatti - "A single Aspen tree stands brilliant against a sea of green, Silverton, Colorado." • Anna Jiménez Calaf - "untitled image" • sol - "workers in a Singaporean shipyard disembark a gas vessel during a planned fire drill."